von Berlin. Eine Welle der Freude erfasste ihn. Dass er in seinem vierundvierzigsten Lebensjahr endlich zum Pfarrherrn berufen worden war, empfand er als Geschenk.
„Geh aus, mein Herz“, begann er zum wiederholten Mal und genoss dabei den Anblick der märkischen Landschaft, die in der Abendsonne zu baden schien ...
Paul Gerhardt (1607–1676) gehörte zu den herausragenden Persönlichkeiten seiner Zeit. Einige seiner Lieder zählen neben Grimms Märchen und noch vor Luthers Bibelübersetzung zu den weltweit bekanntesten deutschsprachigen Texten. Der Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ wurde in den Fundus des Weltkulturerbes aufgenommen. Gesicherte Überlieferungen über den Dichter-Pfarrer sind dagegen spärlich. Aus zahlreichen Bruch- und Fundstücken entwirft Till Sailer in seinem Roman ein Lebensbild, das nahe an den Quellen bleibt und weit über die rein biografische Darstellung hinaus reicht. Sailer schildert zwölf Stationen aus der Vita des großen Liederdichters. Stunden ungetrübten Glücks sind selten. Die Schrecken des 30-jährigen Kriegs und schwere persönliche Schicksalsschläge verdüstern seine Tage. Der zutiefst gläubige Christ nimmt aus Gewissensgründen auf sich, das Amt als Gottesdiener vorübergehend zu verlieren. Vor den Augen des Lesers entsteht das Porträt eines Menschen, der meist im Verborgenen wirkte, aber seine suggestive, liebenswerte Ausstrahlung stets behielt. Paul Gerhardt begegnet uns als schlichter, eng mit der Natur verbundener Mann, der niemals geahnt hat, dass seine Lieder noch nach Jahrhunderten zum wertvollsten Besitz deutscher Sprache gezählt werden.
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